Der Mensch ist des Menschen Freund und Feind. Nirgends steht geschrieben, dass ewiger Friede herrschen muss. Krieg und Frieden zwischen den Völkern sind genauso Ausdruck des grundlegenden menschlichen Sozialverhaltens wie Friede und Streit zwischen Nachbarn. Frieden und Harmonie in menschlichen Gruppen sind Ergebnisse von Auseinandersetzungen, wie sie in Kleingruppen beispielhaft ablaufen können, und sind immer nur augenblickliche Zustände, momentane Ordnungen in der Unordnung und niemals Selbstverständlichkeit. Jeder Friede kann verloren gehen wie die Integration einer Gruppe, wenn sie ihr Gleichgewicht verliert. Jedes menschliche System kann ausufern, kippen, dekompensieren und im Chaos versinken. Deshalb sind die Gesetzbücher "heilig", weil sie die Voraussetzung sind für das "Heil" der Menschen in einer funktionsfähigen Gemeinschaft.
Menschen bauen einen Tempel wie lebende Säulen, die ein gemeinsames Dach tragen, eine Gruppe, ein Volk, einen gemeinsamen Staat, für den sie die Verantwortung übernehmen. Denn dieses Dach wird einstürzen, wenn nicht alle mithelfen, in der gemeinsamen Verantwortung für das irdische und weltliche Leben und für das kurze Wohl des menschlichen Daseins Sorge zu tragen.
Das Studium der Gruppendynamik bzw. die Reflektion des gruppendynamischen Prozesses setzt uns in die Lage, einige dieser Fragen und Phänomene besser zu verstehen. Zahlreiche gesellschaftliche Vorgänge erscheinen plötzlich in einem anderen Licht, erhellen einen anderen Sinn und lassen sich in einem neuen Zusammenhang interpretieren.